Arbeitsmarkttheorien

Arbeitsmarkttheorien
von Privatdozent Dr. Fred Henneberger und Professor Dr. Berndt Keller
I. Neoklassisches Basismodell
Annahmen:  Vollkommene Konkurrenz; Homogenität und vollständige Substituierbarkeit aller Arbeitskräfte und Arbeitsplätze; vollkommene Information; vollständige Mobilitätsfähigkeit und -bereitschaft aller Arbeitskräfte; vollständige Flexibilität der Löhne und Preise; unendliche Geschwindigkeit der Anpassung individuellen Verhaltens an sich ändernde Knappheitsrelationen; Fehlen von  Transaktionskosten und Institutionen.
Zentrale Theoreme: Das Saysche Theorem beschreibt die Einbindung des Arbeitsmarktes in die Gesamtwirtschaft: Bei Funktionsfähigkeit des Preismechanismus auf allen Märkten schafft sich jedes Angebot an Waren und Dienstleistungen selbst seine eigene kaufkräftige Nachfrage im notwendigen Umfang; ein Gleichgewichtszustand wird also immer und überall erreicht. Der Anbieter von Arbeitskraft teilt sein knappes Zeitbudget zwischen den substitutiven Gütern Arbeit und Freizeit so auf, dass das Postulat des Ausgleichs der Grenznutzen erfüllt ist (Grenznutzentheorem). Durch die Annahme der Konstanz des Präferenzsystems kann das Arbeitsangebot als monoton steigende Funktion des Reallohns aufgefasst werden. Mit steigendem Reallohn steigt das Arbeitsangebot, da Freizeit relativ entwertet wird, d.h. die Opportunitätskosten von Freizeit steigen.
Der Nachfrager von Arbeitskraft ist bestrebt, seinen Gewinn gemäß dem Grenzproduktivitätstheorem zu maximieren. Aufgrund der Annahme der vollständigen Konkurrenz sind Preise und Löhne ein Datum für jeden einzelnen Unternehmer, der sich daher als Mengenanpasser verhält. Produktionshöhe und Arbeitskräftenachfrage sind abhängig von der Höhe des Lohnsatzes und dem Verlauf der Produktionsfunktion, für welche die Gültigkeit des  Ertragsgesetzes zugrunde gelegt wird. Unter der Annahme einer kurzfristig konstanten Kapital- und Bodenausstattung sowie der Vernachlässigung von technischem Fortschritt erhöht jede zusätzlich eingesetzte Arbeitseinheit die Gesamtproduktion, allerdings mit abnehmenden Zuwachsraten. Diese so abgeleitete, sinkende Grenzertragskurve bildet die Nachfragekurve des Unternehmers nach Arbeit. Der gewinnmaximierende Unternehmer wird so viele Einheiten Arbeit einsetzen, bis das  Wertgrenzprodukt der Arbeitseinheit dem Nominallohnsatz bzw. das Grenzprodukt der Arbeitseinheit dem Reallohnsatz entspricht. Die Arbeitsnachfrage ist somit eine monoton fallende Funktion des Reallohns.
Anpassungsmechanismus: Das Zusammenwirken von Arbeitsangebot und -nachfrage erfolgt durch den flexiblen Reallohn (vgl. Abbildung „Arbeitsmarkttheorien – Arbeitsangebot und -nachfrage in Abhängigkeit vom Reallohnsatz“). Falls ein Ungleichgewicht am Arbeitsmarkt in Form von  Arbeitslosigkeit oder Arbeitskräftemangel entsteht, wird folgender Anpassungsmechanismus ausgelöst: Zuerst verändert sich der Reallohn in Richtung Gleichgewichtslohnsatz. In einem zweiten gedanklichen Anpassungsschritt revidieren die Wirtschaftssubjekte sofort ihre Mengenentscheidungen. Der Lohnsatz, dem ausschließlich eine Allokationsfunktion zukommt, sichert ein stabiles, vollbeschäftigungskonformes Gleichgewicht (Prämisse der Selbstregulierung der Märkte).
II. Wichtige Erweiterungen des neoklassischen Basismodells
1. Suchtheorien
Die Job-Search-and-Labor-Turnover-Theorien gehen davon aus, dass die Gewinnung von Informationen zu Erträgen führt, aber auch Aufwendungen erfordert. Die Aufgabe der bisherigen Stelle durch den Arbeitnehmer wie auch die nicht sofortige Wiederbesetzung einer vakanten Stelle durch den Arbeitgeber können als rationale Entscheidungen im Sinn der Investition in den Aufbau einer besseren Informationsbasis angesehen werden. Damit entsteht freiwillige Sucharbeitslosigkeit.
Ziel des Arbeitnehmers ist es, das mit seiner Qualifikation erreichbare Lebenseinkommen zu maximieren. Aufgrund der ihm bekannten Verteilung der Lohnangebote kann es rational sein, einen anderen Arbeitsplatz mit einer höheren Entlohnung zu suchen. Ein Optimierungsproblem ergibt sich, da mit jedem Suchschritt einerseits zwar die Wahrscheinlichkeit steigt, ein höheres Lohnangebot zu erhalten. Hierbei nehmen die zu erwartenden zusätzlichen Erträge nur unterproportional zu. Andererseits steigen aber auch die Suchkosten mit jedem Suchschritt überproportional an. Diese setzen sich zusammen aus den direkten Kosten der Informationsbeschaffung und den Opportunitätskosten in Form des entgangenen Einkommens während der Suche. Der Suchprozess wird solange fortgesetzt, wie der Gegenwartswert des zu erwartenden Grenzertrags in Form höherer Lohnzahlungen gerade noch größer ist als der (Gegenwarts-)Wert der jetzt aufzuwendenden Grenzkosten der Suche.
Der Arbeitgeber wiederum versucht, offene Stellen so zu besetzen, dass er für eine geforderte Mindestqualifikation einen möglichst niedrigen Lohn bezahlen muss. Auch er kennt die zeitinvariante Dichtefunktion der Löhne. Er wird freie Stellen solange nicht besetzen, wie der Gegenwartswert der zu erwartenden zusätzlichen Erträge in Form niedrigerer Lohnzahlungen im Fall ihrer zukünftigen Besetzung gerade noch größer ist als die gegenwärtigen Nichtbesetzungskosten. Diese setzen sich zusammen aus den direkten Kosten der Suche und den Opportunitätskosten in Form von entgangener Arbeitsleistung. Während die Vakanzkosten im Zeitverlauf überproportional ansteigen, sinken die zusätzlichen Erträge der Nichtbesetzung hingegen kontinuierlich.
Der Allokationsprozess lässt sich als permanente stochastische Annäherung der Lohnvorstellungen von Arbeitsplatzsuchern und Arbeitsplatzanbietern auffassen. Arbeitskräfte reduzieren mit der Zeit ihren individuellen Lohnanspruch (minimal reservation or acceptance wage) und Unternehmer erhöhen mit der Zeit ihre jeweiligen Lohnangebote (maximal reservation or acceptance wage) solange, bis sich die Erwartungen beider Seiten bei einem bestimmten Lohnsatz treffen und es zum Abschluss eines Arbeitsvertrages kommt.
2. Humankapitaltheorien
Ansatz: Die Individuen haben unterschiedliche Begabungen und Fähigkeiten. Sie tätigen im Verlauf ihres Lebens unterschiedlich hohe Investitionen in ihr Arbeitsvermögen ( Humankapital). Diese Bildungsinvestitionen bedingen unterschiedlich hohe Arbeitsproduktivitäten, die sich in differierenden Einkommens- und Karrierechancen widerspiegeln und darüber hinaus zu Unterschieden in Arbeitsmarktverhalten und Arbeitsmarktrisiken führen.
Verhalten der Arbeitsanbieter: Die Entscheidungsregel für den Homo Oeconomicus lautet: Investitionen in Humankapital werden solange getätigt, wie der Gegenwartswert der in Zukunft zu erwartenden zusätzlichen Erträge gerade noch größer ist als der Gegenwartswert der jetzt aufzuwendenden Kosten der Ausbildung. Diese Kosten setzen sich zusammen aus den direkten Kosten der Ausbildung und dem entgangenen Einkommen während der Ausbildungszeit (Opportunitätskosten). Ziel ist die Maximierung der Lebenseinkommensströme, nicht des kurzfristigen Einkommens. Im Verlauf des Erwerbslebens nehmen die Humankapitalinvestitionen ab, da mit dem Näherrücken der Verrentung deren Amortisationsdauer sinkt und gleichzeitig die Opportunitätskosten in Form entgangener Einkommen steigen. Die Entwertung der Humankapitalinvestitionen im Zeitverlauf impliziert ein umgekehrt u-förmiges Alters-Einkommens-Profil.
3. Effizienzlohntheorien
Ansatz: Die Arbeitnehmer können die Qualität und das Niveau ihrer Arbeitsleistungen innerhalb bestimmter Bandbreiten variieren, ohne dass die Unternehmen derartige Verhaltensweisen genau kontrollieren können. Daher versuchen die Arbeitgeber, die Leistungsmotivation ihrer Arbeitnehmer durch Zahlung höherer Löhne zu steigern (Anreiz- und Motivationsfunktion des Lohnaufschlags). Der lohnsetzende Unternehmer erreicht durch einen über dem markträumenden Lohn liegenden, freiwillig gezahlten Effizienzlohn eine Erhöhung der Arbeitsproduktivität, des Outputs und des Gewinns. Diese Lohnerhöhungen finden solange statt, wie der Mehrerlös die zusätzlichen Lohnkosten gerade noch übersteigt. Die Unternehmen versuchen, die Arbeitskosten pro Effizienz-, nicht pro Arbeitseinheit zu minimieren. Die gegenwärtige Leistungsintensität bzw. Effizienz des Arbeitnehmers ist eine positive und konkave Funktion des aktuellen Lohnsatzes. Entsprechend den neoklassischen Optimalitätsbedingungen muss zum einen das  Wertgrenzprodukt eines Arbeitnehmers, gemessen in Effizienzeinheiten, den Lohnkosten je Effizienzeinheit entsprechen und zum andern mit den Grenzkosten einer Erhöhung der Effizienz um eine Einheit identisch sein. Aus beiden Bedingungen ergibt sich, dass der vom Unternehmer zu setzende optimale Lohnsatz und damit gleichzeitig auch die optimale Beschäftigungsmenge dann erreicht sind, wenn die Lohnelastizität der Arbeitsintensität den Wert 1 aufweist.
Folgerung: Die Effizienzlohntheorien basieren auf dem unterstellten Kausalzusammenhang einer positiven Korrelation zwischen Reallohn und Arbeitsproduktivität . Aus dieser Annahme folgt, dass eine Lohnkürzung zur Verminderung der Arbeitsproduktivität und damit letztendlich zur Steigerung der Lohnstückkosten führt. Lohnsenkungsspielräume werden deshalb nicht ausgeschöpft, weil die potenzielle lohninduzierte Reduktion der Arbeitsleistung (Effizienzeinbußen), die durch Motivationsverluste hervorgerufen werden, gegenüber Einsparungen bei den Lohnkosten dominieren können. Als Folge des Rationalverhaltens der Unternehme lässt sich aus der Zahlung von Effizienzlöhnen das Entstehen freiwilliger Arbeitslosigkeit erklären. Allerdings existieren mit der Senioritätsentlohnung und der Tournamententlohnung kostengünstigere Alternativen zur Zahlung von Effizienzlöhnen.
III. Segmentationstheorien
Diese deutlich in der Tradition der institutionalistischen Schule stehenden Theorien begreifen sich zumindest implizit als Antwort auf die Defizite neoklassischer Arbeitsmarkttheorien. Die Ansätze betonen institutionalisierte Regeln, interne Vergleiche (relative Gerechtigkeitsvorstellungen) und politische Einflüsse stärker als Profitmaximierungshypothesen oder Gleichgewichtsannahmen. Die Alleinherrschaft des Lohnmechanismus als Steuerungsinstrument des Arbeitsmarktes wird abgelehnt.
1. Duale Arbeitsmarkttheorien
Die für US-amerikanische Bedingungen entwickelte Theorie dualer Arbeitsmärkte behauptet eine dichotome Aufspaltung des Arbeitsmarktes in ein primäres und ein sekundäres Segment. Die Arbeitsplätze im primären Segment sind u.a. gekennzeichnet durch höhere Löhne, relativ bessere Arbeitsbedingungen, relativ hohe Arbeitsplatzsicherheit, Beförderungs- und Karriereaussichten, Isolierung von Marktmächten und Teilhabe an Entscheidungsprozessen. Demgegenüber sind die Arbeitsplätze des sekundären Segmemts u.a. charakterisiert durch relativ niedrige Löhne, schlechte Arbeitsbedingungen, hohe Fluktuationsraten, Fehlen eines Systems von Beförderungsmechanismen. Diese spezifische Form der dichotomen Segmentation wird u.a. erklärt als Folge der zunehmend dualen Struktur der Wirtschaft, bes. der Gütermärkte, mit einem stabilen monopolistisch-oligopolistischen Kernbereich und einem instabilen peripheren Wettbewerbssektor (Konzept der dualen Ökonomik).
Mit dieser Theorie dualer Arbeitsmärkte weitgehend deckungsgleich ist die bereits in den 50er Jahren entstandene und später weiterentwickelte Unterscheidung zwischen internen und externen Märkten: (1) Der interne Markt wird verstanden als administrative Beschäftigungseinheit. Die ansonsten vom Markt übernommenen Funktionen der Lohnbestimmung und Allokation der Arbeitskräfte werden nach institutionellen Regeln und Verfahren festgelegt. (2) Auf dem externen Markt finden dagegen Preisbildung und Allokation wie in der neoklassischen Theorie durch Lohnwettbewerb statt. Der Austausch von Arbeitskräften zwischen den beiden Teilmärkten beschränkt sich typischerweise auf ganz bestimmte Stellen des Ein- und Austritts für die einzelnen Qualifikationsstufen (Ports of Entry and Exit); die übrigen Positionen werden über sog. Aufstiegsleitern (Mobility Chains) besetzt und sind dadurch dem Wettbewerb auf dem externen Markt entzogen. Veränderungen auf dem externen Markt bleiben daher weitgehend folgenlos für den internen Markt.
2. Theorie des dreigeteilten Arbeitsmarktes
Idealtypisch lassen sich bei Übertragung des Segmentationskonzepts auf die Bundesrepublik Deutschland drei Typen von Teilarbeitsmärkten unterscheiden: Der (berufs-)fachliche Teilarbeitsmarkt mit formalen Zugangsbeschränkungen erfordert hohe Investitionen in standardisierte, relativ breit angelegte fachliche Qualifikationen. Diese werden in mehrjährigen Ausbildungsgängen erworben, wobei die Regelung und Kontrolle durch überbetriebliche, halbstaatliche Instanzen erfolgt und der erfolgreiche Abschluss durch Zertifikate bestätigt wird. Dadurch wird ein individuelles Berufseintrittspotenzial geschaffen. Die Qualifikationen können ohne Verlust zwischen Betrieben transferiert werden (z.B. bei Berufen des Handwerks). Diese Voraussetzungen ermöglichen den Arbeitnehmern eine hohe zwischenbetrieblich-horizontale Mobilität und sparen den Arbeitgebern Informations- sowie Anlern- bzw. Einarbeitungskosten. Fachliche Arbeitsmärkte haben in der Bundesrepublik Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern eine große Bedeutung, die durch das duale System der beruflichen Bildung mit der typischen Kombination der Vermittlung von theoretischen und praktischen Fertigkeiten gebildet werden.
Der betriebsinterne Teilarbeitsmarkt bietet bestimmten, meist größeren Teilen der Belegschaft, der Stammbelegschaft, als Gegenleistung gegen hohe Betriebsloyalität und -bindung Qualifizierungs- und Aufstiegschancen sowie Senioritätsrechte und sichere, langfristige Beschäftigungsperspektiven. Auf diesem Teilarbeitsmarkt befinden sich betriebsspezifisch qualifizierte Arbeitskräfte ohne oder mit nur geringen überbetrieblichen Qualifikationsanteilen und damit nur einer geringen Transferierbarkeit zwischen Betrieben. Infolge der hierarchisch organisierten betriebsinternen Arbeitsmärkte entstehen geringe zwischenbetrieblich-horizontale, jedoch hohe innerbetrieblich-vertikale Mobilitätschancen.
Der unspezifische, unstrukturierte (Jedermanns-)Teilarbeitsmarkt besteht aus Arbeitskräften mit nur generellen Mindestbefähigungen und Allgemeinkenntnissen sowie ohne (jegliche) fachliche und betriebsspezifische Qualifikationen. Der Lohn wirkt gemäß dem (Lohn-)Wettbewerbsmodell als Allokationsmechanismus. Typische Merkmale dieses Arbeitsmarkttypus sind u.a. fehlende vertikale Mobilitätschancen sowie hohe Fluktuationsraten (Markt des Heuerns und Feuerns).
IV. Insider-Outsider-Theorien
Während die Effizienzlohntheorien unterstellen, dass die Unternehmen Marktmacht besitzen, gehen die ebenfalls neoklassisch orientierten Insider-Outsider-Ansätze davon aus, dass ein Teil der Arbeitnehmerschaft über die Macht zur Lohnsetzung verfügt.
1. Annahmen
Es gibt drei Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in Bezug auf ihre Verhandlungsposition wesentlich unterscheiden: (1) Personen in einem Beschäftigungsverhältnis (Insider); (2) Personen in der Einarbeitungsphase (Entrants); (3) derzeit nicht beschäftigte Personen (Outsider).
Es gibt drei Arten von Kosten: (1) Einstellungs-, Einarbeitungs- und Entlassungskosten; (2) Kosten, welche die Insider verursachen können, indem sie den Entrants die Kooperation entziehen oder das Arbeitsklima verschlechtern; (3) Kosten, die im Fall der Entlassung von Insidern durch Demotivation der im Unternehmen verbleibenden Insider entstehen.
Folgerung: Die drei Arbeitnehmergruppen können dem Unternehmen in unterschiedlichem Ausmaß Kosten verursachen: In der einfachsten Version des Ansatzes sind die Insider dadurch gekennzeichnet, dass sie betriebsspezifisch qualifiziert sind und damit bei ihnen alle Einstellungs- und Einarbeitungskosten bereits getätigt wurden. Im Fall ihrer Entlassung würden u.a. die noch nicht amortisierten Teile der Humankapitalinvestitionen als verlorene Kosten ( Sunk Costs) anfallen. Die Entrants befinden sich gerade in der Einarbeitungsphase, so dass bei ihrem Ausscheiden aus dem Betrieb nur ein geringer Teil der Kosten der Insider anfallen würde. Die Outsider haben der Unternehmung noch keine Kosten verursacht und können deshalb auch keinen Druck via Verhandlungsposition ausüben.
2. Verhalten der Arbeitsanbieter
Einfache Variante: Wenn die Insider verhindern wollen, dass einer von ihnen entlassen wird, darf ihr Lohnsatz wI nicht höher sein als die Summe aus dem von den Outsidern geforderten Lohnsatz w0 (Reservation Wage) und den Grenzkosten der Fluktuation (Labor Turnover Costs). Letztere setzen sich zusammen aus den Grenzkosten der Entlassung eines Insiders C'I (Firing Costs) und den Grenzkosten der Einstellung und Einarbeitung eines Entrants C'E (Hiring and Training Costs):
Der Lohnsatz der Entrants wE darf um nicht mehr als die marginalen Einstellungs- und Einarbeitungskosten über den Lohnvorstellungen der Outsider liegen.
In einer modifizierten Variante des Ansatzes können die Insider sowohl die Produktivität von Entrants durch Verweigerung von Kooperation senken als auch deren Arbeitsleid durch Schikanieren (Harassment) erhöhen. Dadurch entstehen  Renten, welche die Insider zusätzlich abschöpfen können. Ähnliches gilt für die Vermeidung von Produktivitätsverlusten durch Demotivation der Verbleibenden bei hoher Personalfluktuation.
3. Verhalten der Arbeitsnachfrager
Für die Unternehmen besteht aus Kostengründen prinzipiell kein Anreiz, die Insider gegen Outsider auszutauschen. Die Unternehmer werden zu Mengenanpassern.
4. Verhältnis zwischen Insidern und Outsidern
Grundmodell: Wesentliche Interessenkonflikte bestehen zwischen Insidern und Outsidern und nicht zwischen Unternehmen und ihren Arbeitnehmern. Die Insider verhalten sich nutzenmaxierend und berücksichtigen die Interessen von Entrants und Outsidern nicht. Aufgrund der Existenz von Transaktionskosten können die Insider diese Konflikte zur Durchsetzung von Lohnaufschlägen nutzen. Sie können einen nicht-markträumenden Lohnsatz durchsetzen und so unfreiwillige Arbeitslosigkeit verursachen.
Ein erweitertes Modell bezieht die Existenz von Arbeitnehmervertretungen in die Analyse ein. Diese richten ihre Politik hauptsächlich an den Interessen ihrer beschäftigten Mitglieder und nicht an denen der Nicht-Beschäftigten aus. Die Arbeitnehmervertretung verfügt über verschiedene Möglichkeiten, die Löhne ihres Klientels zu erhöhen, ohne dessen Aussichten auf kontinuierliche und langfristige Beschäftigung zu reduzieren: (1) Sie kann die Einstellungs- und Entlassungskosten erhöhen (z.B. durch Vereinbarung von Kündigungsfristen oder Abfindungszahlungen). (2) Sie kann die Effektivität und Vielfalt von Kooperation und Harassment erhöhen. (3) Sie kann aufgrund ihrer Organisationsmacht die Verhandlungsmacht der Insider erhöhen und diese dadurch in die Lage versetzen, einen größeren Teil der (Kartell-) Renten zu absorbieren. (4) Sie kann die Insider mit neuen Instrumenten des  Rent Seeking ausstatten und ihr Drohpotenzial erhöhen (u.a. durch Streik sowie Dienst nach Vorschrift).
Literatur: Franz, W., Arbeitsmarktökonomik, 5. Aufl., Berlin u.a. 2003; Schmid, H./ Dosky, D. von/ Braumann, B., Ökonomik des Arbeitsmarktes 1, 2. Aufl., Bern, Stuttgart, Wien 1996; Sesselmeier, W./ Blauermel, G., Arbeitsmarkttheorien: Ein Überblick, 2. Aufl., Heidelberg 1997.

Lexikon der Economics. 2013.

Игры ⚽ Поможем написать реферат

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”